Mein Maskottchen ist der Gefahrgutbeauftrage von LEGO. Er sitzt auf meinem Schreibtisch und wacht darüber, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Den Beginn unserer wunderbaren Freundschaft sehen Sie hier (und über die Schwierigkeiten, zueinander zu finden erfahren Sie hier mehr)

Der Schraubenzieher-Mann

Guten Tag.

Ich weiss nicht genau, wie ich anfangen soll.

Ich möchte Ihnen meine Geschichte erzählen. 

Ich bin nicht so gut im Geschichtenerzählen. Normalerweise erzähle ich die Geschichten, die andere erzählen wollen. Und darin bin ich manchmal sogar gar nicht schlecht.
OK, kommt natürlich auf die Geschichte an. 
Deshalb fange ich einfach an, Ihnen zu beschreiben, wie ein ganz normaler Tag bei mir beginnt. 

Ich frühstücke immer auswärts.
Würde ich zu Hause frühstücken, wäre das wohl beschränkt auf Kaffee und Zigaretten.
Allein der Gedanke, mir morgens Speck und ein Rührei machen zu müssen, lässt jeglichen Appetit sofort wieder einschlafen.
Also gehe ich aus, immer in das gleiche kleine Café, und die Bedienung dort denkt, ich sei ein Gesundheitsfanatiker, da ich immer Müsli, Quark und solche Sachen bestelle.
Natürlich nur, damit sie von mir denkt, ich sei ein Gesundheitsfanatiker.
Und da ich diese Illusion aufrecht erhalten will, muss ich also auch alles aufessen.
Fällt mir nicht immer leicht, aber danach fühle ich mich tatsächlich ein bisschen besser. 
Ich werde dort selten erkannt.
Liegt vielleicht an der Tageszeit.
Oder an der Lokalität. 
Oder an meinem zerknitterten Gesichtsausdruck.
Ich würde mich selber vor dem dritten Becher Kaffee kaum erkennen. 

Neulich rief meine Schwester an, ihr jüngster Sohn würde eingeschult.
Normalerweise würde sie mich gerne einladen, aber, nun ja, alle Kinder der Nachbarschaft kämen auch, und, naja, die wolle man ja nicht verschrecken oder so. Nein nein, das wäre absolut nicht gegen mich und meinen Lebenswandel, aber ich könne das ja sicherlich verstehen.
Sicherlich.
Wie um Himmels Willen können schon sechsjährige vor mir Angst haben? 

Ich trage manchmal einen blöden Hut oder einen Schal, der bis zur Nasenspitze geht.
Manchmal auch nicht. 
Neulich sass ich morgens im Café, trank meinen ersten Capuccino.
Neben mir sassen drei junge Typen, Anfang 20.
Der eine hatte mich schon die ganze Zeit im Visier gehabt.
Ich hatte versucht, wegzuschauen. 
Plötzlich sagt er:  
      "Ey, Mann, ich kenn dich doch." 
Ganz neuer Spruch, hab ich noch nie gehört. 
Dann, voller wachsender Begeisterung: 
      "Ey klar, ich kenn dich, du bist doch der, der, naja, du weisst schon.....
      Ey, kuckt mal !  Mach ma den Blick.“  
DEN Blick….  Dazu aber später mehr. 
Die Bedienung schaut dann immer höllisch genervt, aber insgeheim platzt sie natürlich vor Stolz.

Anfangs waren regelmässig alle Nachbarn, Freundinnen, Kolleginnen - selbstverständlich ganz zufällig -morgens ebenfalls zu meiner normalen Frühstückszeit da gewesen, so lange bis mich alle ein mal aus der Nähe gesehen hatten und die Freakshow für beendet erklärt wurde. 
Schlimmer ist es, wenn ich manchmal einfach fast vergesse, wer ich bin und nicht darauf vorbereitet bin, in der Ubahn zum Beispiel.
Ich sitze da, ganz normal, kucke mir die anderen Mitfahrenden an, und irgendein Kind starrt mich an.
Nicht, weil es mich erkennt, sondern weil es alle Erwachsenen mit seinem unergründlichen Interesse reichlichst beschenkt.
Ich zwinkere dem Kind zu, automatisch und ohne irgendwelche Hintergedanken.
Die Mutter kuckt mich an, erkennt mich, schnappt das Kind und weg sind sie.
Nicht ohne mir Blicke zuzuwerfen, die töten könnten. 

Zurück zum Café. 
    "Ey, ich hab alle Teile gesehen, 1 bis 5, und Teil 1 bis 4 hab ich auf DVD. Boah, wann kommt der 5. auf DVD ?" 
Tiefer Seufzer meinerseits. 
      "Teil 5 kommt im Juli, bevor dann im August Teil 6 in die Kinos kommt". 
Ächzendes Stöhnen kommt als Antwort. 
      "Boah, ey, ich kann´s echt kaum erwarten Ich bin Fan seit dem 1. Teil." 
Danke, danke, liebe Fans, liebe durchgeknallten absonderlichen Freaks, was wär ich ohne euch. 
Ok, ich sollte nicht über meine Fans richten.
Ich sass vor ein paar Tagen in einer Kneipe, nur um ein Bier zu trinken oder zwei. Neben mir sass für ca eine halbe Stunde wortlos ein Mann im Anzug, Typ erfolgloser Vertreter für 26bändige Lexika.
Nach eben dieser halbe Stunde sagte er, ohne mich anzuschauen: 
    "Als sie am Ende vom 3. Teil dem Psychologen den Schraubenzieher von hinten durch das Hirn gehämmert haben, und er vorne aus dem Auge wieder rauskam, da haben sie gemogelt. Man konnte vorher ganz genau sehen, dass das Ding eigentlich gar nicht lang genug dafür war." 
Diesen Satz sagte er, nur diesen Satz. 
Ich verschluckte mich fast an dem Bier. 
Aber Typen, die immer und überall nach Ungereimtheiten suchen, gibt es tatsächlich.
Und fündig werde die immer. 
    "Hmm, man sieht die Szene nur von vorne, vielleicht habe ich ihm den Hinterkopf geöffnet, um meine Schraubenzieher weit genug durchstossen zu können" 
Hustendes Lachen. 
    "Man sieht sie in der Szene im Hintergrund. Sie wären von oben bis unten voll mit Hirn und Blut. Geben sie zu, sie haben gemogelt."  
    "Ok, ich gebe zu, wir haben in dieser Szene gemogelt. Und stellen Sie sich vor, der Darsteller des Psychologen kann auch heute noch räumlich sehen mit seinen BEIDEN Augen. DAS nenn ich erst mal gemogelt." 
Genervtes Einatmen meines Gespächspartners. 
    "Nein, Sie missverstehen mich. Wenn man solche Filme dreht, ist es weitaus wichtiger als bei anderen, dass man die innere Logik beibehält, egal wie absurd sie ist. Als am Ende von SCREWDRIVER 4 - ES GEHT WIEDER LOS herauskommt, dass sie ihren debilen und unbekannten Zwillingsbruder auf den elektrischen Stuhl gebracht haben und alle dachten, das wären eigentlich sie gewesen, da war das LOGISCH. Nur SO konnte man die Geschichte auflösen. Quasi ein Deus Ex Macchina. Eine göttliche Erlösung aus einer völlig verfahrenen und unauflösbaren Situation." 
    "Danke, dass sie das auch so sehen. Für diese Idee benötigten wir ein Dutzend hochbezahlter Drehbuchschreiber." 
Er sah mich zum ersten Mal an, und er wirkte irgendwie elektrisiert.  
    "Ich hoffe, ich nerve sie jetzt nicht bis zur Raserei. Aber ich bin ein grosser Fan der SCREWDRIVER-Filme. Sie sind ehrlich, eindeutig, direkt, und ohne jeglichen psychologisierenden Firlefanz.
      Darf ich ihnen eine Frage stellen?
    Am Ende vom ersten Teil, Sie wissen schon, als sie an dem Elektrozaun geröstet werden und eigentlich tot sein müssten, und die letzte Einstellung zeigt, wie ihr kleiner Finger zuckt, als sie in ihrem eigenen Blut liegen:
      War das das typische „Wir-lassen-die-Möglichkeit-für-einen-zweiten-Teil-offen“ - Ende ?
      Oder hat man schon da die Fortsetzung geplant ?“ 
Ich dachte kurz nach, oder besser tat so, und lachte dann. 
    „NIEMAND hat damals auch nur im Entferntesten daran gedacht, jemals einen zweiten, oder dritten, oder sechsten Teil zu drehen. Erst recht nicht ich selber. Ganz ehrlich.“ 
Ich wusste, er glaubte mir.
Ich hatte damals gehofft, dass den Film niemand sehen würde, den ich kenne.
Erst recht nicht Freunde.
Oder meine Familie. 
Oder meine Agentin.
Die am allermeisten erst recht nicht. 

Der Film startete mit gerade mal 70 Kopien in den Kinos.
Hollywood-Blockbuster starten mit 700 oder mehr.
Es gab kaum Werbung ausser ein paar Sachen im Internet, das kostet nichts. 
Mit der fürstlichen Gage konnte ich die restlichen unbezahlten Raten meines Leasingvertrages für den leider kaputten Honda bezahlen und ein Wochenende nach Vegas fliegen. 
Zwei Wochen nach dem der Film in den Kinos war wurden 100 Kopien nachproduziert, zwei Monate später bekam er den 1. Preis beim „Masters-of-Sream“-Festival in Sacramento und meine Agentin war nicht sicher, ob sie vor Freude oder vor Wut heulen sollte. 

Meine Mutter rief an.
Sie ruft selten, aber regelmässig an, und immer ist ein Unterton voller bebender Sorge und schicksalsergebener Gewissheit vorherrschend, der jedes normale Gespräch im Keim erstickt.
Sie hätte da was gehört.
Ah ja.
Der Sohn einer Nachbarin hätte erzählt, ich sei ein Star.
OH JA !
Aber in einem, nun ja, „komischen Film“. 
    „Ach Mama, du weisst doch, wie das ist beim Film, da macht man halt auch mal Sachen nur für´s Geld, weisst du.
      Ich muss ja auch meine Miete zahlen.“ 
Aber der Film sei erst ab 18 !!!
OH mein GOTT, SOLCH ein Film !!!
Ich konnte sie beruhigen, dass es nicht SOLCH ein Film gewesen war.
Und betete, dass sie DIESEN Film nicht zu Gesicht bekäme.

Jemals.

Niemals. 

Sofort nach dem Erfolg in Sacramento wurde begonnen, am 2. Teil zu arbeiten, mit dem passend dämlichen Titel SCREWDRIVER - ER KEHRT ZURÜCK.
Meine Gage betrug das 12fache des ersten Teils.
Meine Agentin riet mir, noch diesen einen Teil zu machen, den daraus - hoffentlich - folgenden Ruhm zu nutzen und endlich was Vernünftiges zu drehen.
Endlich was Vernünftiges.
Ich gebe gerne zu, dass nicht alles, was ich vorher gedreht hatte, die hohe Kunst des Kinos gewesen war, aber in so einigen kleinen unabhängigen Produktionen war ich vertreten gewesen, die lobend erwähnt wurden.
Und zum Broterwerb waren dann auch ein paar Filme, die gar nicht mal schrecklich waren, darunter.
Nur waren die Rollen darin recht klein.
Oder sehr klein.
Oder nachher rausgeschnitten. 
Egal. 

Teil 2 kam raus.
500 Kopien.
Zwei Monate vorher Trailer in den Kinos.
Man sieht nur einen Schraubenzieher. Glänzend, funkelnd, wie ein edles Schmuckstück auf schwarzem Samt. Dann tauche ich ganz langsam aus dem Dunkel dahinter auf, und mache DEN Blick.
Kawumm, und schon wird der Titel eingeblendet:
SCREWDRIVER - ER KEHRT ZURÜCK 
Am ersten Wochenende schon wurden die Produktionskosten mehr als locker eingespielt, 3 Wochen auf Platz 1 der Kino-Charts. 
TIME MAGAZIN, PEOPLE, VANITY FAIR: alle wollten Interviews.
Klar, die Fragen waren ähnlich: Wie fühlt sich das an, wenn alle Welt panische Angst vor einem hat? Oder verehren einen dann nicht die krankesten Hirne? Und was sagt ihre Mutter dazu ? 

Meine Mutter gab ein Interview („Ich bin die echte Mutter des Schraubenzieher-Killers“) und kaufte sich von der Gage eine Hollywood-Schaukel. 

Ich ging zu meiner Agentin.
Im Vorzimmer sassen all die nur zu gut bekannten Gesichter, die ich aus langen Stunden des Wartens nur zu gut kannte.
Sie begrüssetn mich frenetisch, applaudierten.
Endlich hatte es einer von ihnen geschafft.
Der Applaus war nicht eine Sekunde ehrlich gemeint. 
Ich wurde sofort herein gebeten.
Meine Agentin sah mich an und platzte fast. 
    „Oprah hat anrufen lassen, sie wollen dich ganz eventuell haben. Es geht um die Verrohung unserer Jugend“ 
Sie strahlte wie irre.
Ich schaute sie an, und versuchte, einen neutralen Ausdruck hinzubekommen.
Sie hob beide Hände und riss die Augen noch mehr auf: 
      „OPRAH !“ 
Ich seufzte -zugegebenermassen theatralisch- und blickte gen HimmeL. 
    „Und ich bei ihr auf dem Sofa als Paradebeispiel für die verkommenen Medien, die unsere Jugend zu verrohten Subjekten verkommen lässt.  Und was soll bitte meine Mutter dazu sagen?“ 
Sie sah mich kurz an und kniff die Augen zusammen.
Einen Ausdruck, den ich kannte.
Und den ich nicht mochte. 
Sie griff hinter sich, holte die STARS ON SCREEN von vorvergangener Woche hervor und begann, jedes Wort genüsslich betonend, vorzulesen: 
    „Mein über alles geliebter Sohn hat schon als Kind gerne und regelmässig den Werkzeugkoffer meines über alles geliebten verstorbenen Ehemannes ausgeleert und mit allem gespielt, was er darin finden konnte. Natürlich auch mit den Schraubenziehern. Ich wusste schon damals, das etwas Grosses aus ihm werden würde“. 
Wozu benötigte meine Mutter 2 Hollywoodschaukeln?
Und zweite Frage: Wer um Gottes Willen soll denn bitteschön der über alles geliebte verstorbene Ehemann sein ?
Naja, egal. 
Ich fragte meine Agentin, ob es denn abgesehen von einem Talkshow-Auftritt und weiteren entwürdigenden Interviews meiner Mutter noch irgendwelche GUTEN Nachrichten gäbe. 
Naja, hmm, also:
Es gab eine sehr konkrete Anfrage
Der Horror-PayTV-Kanal wollte mit meinem Konterfei werben allerdings mit DEM BLICK: Sie hatte schon nachgefragt bei der Produktionsfirma, und die hätten kathegorisch NO gesagt.
Der BLICK sei Teil des Charakters, und auf den hätten sie eindeutig Copyright, und den zu verwenden wäre dann richtig teuer.
So teuer, dass die vom Horror-Kanal sofort abgewinkt hätten. 
Meine Gegenfrage, ob denn DER Blick nicht MEIN Blick sei und ich nicht entscheiden könne, wem gegenüber und wann und wo ich so kucke, wurde mit einem mitleidigen/verächtlichen/bedauernden Gegen-Blick beantwortet. 
Und dann gäbe es da 2 Anfragen von  Studenten oder so ähnlich, die was für ihre Semesterarbeit drehen wollen, aber das geht natürlich gar nicht und überhaupt……. 
Und das wäre alles ????
Nein, sagt sie, und schaut mich an, und nun weiss ich zum ersten Mal wirklich nicht, wie ich ihren Blick deuten soll. 
    „Ich kann dir einfach mal die Anfragen vorlesen, die ich nicht sofort in den Schredder geschickt habe: 
      Der Hammermörder von Malibu:
    Teenager wird von Blondine zurückgewiesen, entwickelt Obsession, erschlägt als Erwachsener blonde Frauen am Strand  
      Psycho Reborn
    Ein Typ hat zu oft PSYCHO gesehen und will Bates rächen. Rennt als Oma verkleidet durch Manhattan. 
      Akkubohrer-Tortur
      (das wäre dann aber nichts mehr für deine Mutter) 
      Das Schweigen der Ferkel
      Eventuell interessant, aber das würde mit Sicherheit indiziert, also eher uninteressant. 
    Es gibt Ideen für ein Zusammentreffen von allen Protagonisten aus „Freitag der 13.“, „Nightmare on Elm Street“ und „Halloween“ als „Kampf der Titanen“, aber da ist noch nicht sicher, ob du überleben würdest. Und das wäre natürlich allererste Bedingung…. 
      Tja……“ 
Sie sah mich an. 
      „Ähm, du bist ganz gut im Geschäft, eigentlich.“
 
Ich überlegte kurz und schenkte ihr DEN Blick.
Sie quiekte. 

Ach ja, DER Blick, Der SCREWDRIVER-Blick.
Der hat mich berühmt gemacht und de ist nun das Markenzeichen.
Naja, abgesehen vom Schraubenzieher.
Der Blick geht so:
Ich senke den Kopf ca um 40 Grad nach vorne, peile einen Punkt entweder links oder rechts oben, gerade noch in meinem Blickfeld an. Dort steht dann im Zweifelsfall auch die Kamera.
Dann schliesse ich die Augen, aber fixiere hinter den geschlossenen Lidern weiterhin diesen Punkt.
Und dann öffne ich die Augen.

So einfach.

So simpel.

So wirksam. 

In Gesprächen mit Personen - wie jetzt mit meiner Agentin - ist es wichtig, sich ein wenig zur Seite zu drehen, damit man beim Öffnen der Augen die Person auch quasi „von der Seite“ anblickte. 
Wie gesagt, meine Agentin quiekte.
So, wie sie schon dutzende Male gequiekt hatte bei DEM Blick. 
Anfangs, nach dem 1. und 2. Teil, hatte ich den Blick manchmal in der Ubahn angewandt, und sofort konnte man erkennen, wer die Filme gesehen hatte und wer nicht. Der Effekt war recht eindrucksvoll. 
Ich blickte meine Agentin an. 
    „Und wie geht es weiter ? Ich meine, es wird wohl noch 1 oder 2 Teile geben, aber dann ist Schluss. Man merkt, dass die Leute langsam das Thema über sind. Es wird nie einen 13. Oder 14. Teil von SCREWDRIVER geben.
      Aber ich ?
      Was wird aus mir ?“ 
Sie wirkte nun genervt. 
    „Ist dir eigentlich klar, was für eine Gage ich für dich verhandelt habe für die letzten beiden Teile ? Wenn du damit nur ein klein bisschen sorgsam umgehst, dann musst du nie wieder arbeiten.“ 
      „Aber vielleicht WILL ich ja arbeiten ? Schon mal daran gedacht ?“ 
Es war unser ewiges Streit-Thema, und ich ging

Auf der Strasse sah mich mindestens jeder Zweite mit einem komischen Gesichtsausdruck an.
Jeder ZWEITE ! 
Ich ging in ein Bistro, und obwohl die Sonne schien, setzte ich mich nicht an einen der Tische auf dem Gehweg, umkränzt von exakt beschnittenen Buchsbäumen in Terracotta-Kübeln aus Plastik, sondern in den schummrigen Innenraum.
Hinter dem Thresen stand eine blonde Frau, die so tat, als hätte sie einen französischen Akzent.
Klang ganz hübsch, aber auch ein bisschen billig.
Sollte es wohl auch. 
Ich bestellte einen Weisswein, weil ich mir damit ein bisschen weltmännischer vorkam als mit einem Bier.
      „Aber gern. Und was machen Sie so, wenn isch frage darf ?“ 
      „Ähm, ich bin in der Werkzeug-Branche tätig.“ 
      „Ah, grosse oder kleine Werkzeuge ?“
Sie blickte mich schelmisch an. 
      „Grosse, nur grosse“ sagte ich und grinste. 
Ich lud sie auf einen Drink ein, und sie nahm sich einen Cognac. Das hätte ich nicht erwartet.
Sie hiess Simone. 
5 Cognacs und 2 Weisswein und 6 Bier später, als ich ihr mittlerweile alles über Werkzeuge, wie man die herstellt und wozu man sie braucht, was ich wusste, erzählt hatte, sagte sie, dass sie gleich Feierabend hätte. 
Was soll ich sagen ?
Sie wohnte nur 3 Strassen weiter. 
Bei ihr angekommen, ging sie singend ins Bad, während ich mich auf ihr Sofa setzte und auf den begrünten kleinen Hinterhof blickte.
Als sie wieder erschien, trug sie ein durchsichtiges Nichts und am Körper und in der Hand einen kleinen Werkzeugkoffer, so wie man ihn in Supermärkten kaufen konnte. Mit einer Grundausstattung für den modernen Heimwerker. 
Sie tänzelte vor mir herum.
Ihr unechter französischer Dialekt ging mir auf einmal furchtbar auf die Nerven. 
      „Schau einmal, was isch für disch abe“  gurrte sie. 
Ich ächzte. 
      „Simone, ich hab frei. Ich will jetzt nicht an Werkzeug denken“ 
Sie hob eine Augenbraue. 
      „Auch nischt daran ?“ 
Sie wedelte mit einem Schraubenzieher vor meinem Gesicht herum. 
      „Mach misch den Blick, Chérie, und isch werde ganz verrückt nach disch….“ 
      „Nein, Simone, bitte lass das. Lassen wir es. Ich gehe.“ 
Sie fuchtelte mit dem Schraubenzieher vor meinem Gesicht herum. 
      „Na, willst du misch damit ein wenig stechen ?“ 
Boah, wie krank. Sex mit einer Gestalt aus einem Splatter-Film haben zu wollen. 
      „Hast du auch schon mit Michael Myers gefickt ? Oder Freddie Kruger?“ 
      „Nein, abe isch nischt. Isch will nur den Mann mit die Schraubenziehärr“
 
Sie rieb sich den Schraubenzieher an ihrem Unterleib und schaute mich mit einem unterwürfigen Blick an. 
Sie kam näher und ich konnte ihren Cognac-Atem riechen.
Ich versuchte, ihr den Schraubenzieher wegzunehmen
Sie zappelte. 
Und nun liegt sie da.
Der Mund halb geöffnet, aber es kommen keine französischen Anzüglichkeiten mehr heraus.
Ein kleiner Rinnsal Blut ist aus ihrem Mundwinkel bis auf den Teppich geflossen.
Die Augen blicken verdutzt nach oben, auf irgeneinen Punkt hinter ihr. 
Und aus ihrer Stirn, mitten zwischen den Augenbrauen, ragt der lächerlich kleine Schraubenzieher aus dem Supermarkt-Werkzeugkoffer. 

Fast wie im Film.

Naja, im Film hätte man wohl mehr Blut fliessen lassen.
Erstaunlich, wie wenig aus ihrem Schädel geflossen war. 
Jetzt sitze ich hier an der kleinen Schreibmaschine vor dem Fenster mit Blick auf den Hinterhof und schreibe das alles auf. 
Ich hab ein bisschen Angst, denn ich weiss nicht genau, was ich jetzt tun soll.
Damit es auch einen nächsten Teil gibt. 
Ich glaube, meiner Agentin wird das alles hier gar nicht gefallen.
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